Eine verhängnisvolle Idee

„Mist! Es ist langweilig, einfach nur so auf die Jungs zu warten“, machte Ricky ihrem Ärger über das entgangene Foto Luft.

Sie schwiegen für kurze Zeit. Beide hatten keine Lust gehabt, in ihren mitgebrachten Büchern zu schmökern, wie Joe es ihnen empfohlen hatte.

„Ich hab eine Idee“, setzte Ricky sich auf. „Lass uns in Jeremy‘s Tagebuch lesen. Den Anfang, den wir noch nicht kennen. Das ist bestimmt spannend, was damals alles passiert ist.“

„Oh ja, ich hole es eben“, sprang Maren begeistert auf und wühlte in ihrer Satteltasche.

Sie schaute Ricky, die ihr zusah, ratlos an und durchforstete noch mal die Satteltasche. Maren schlug sich mit der Hand gegen die Stirn.

„Nein! Ich hab es oben auf dem Sims in der Höhle liegen lassen! Da wo wir es gefunden haben. Joe hat mir extra gesagt, dass ich es einstecken soll.“

„Bist du sicher? Schau noch mal genau nach, auch auf der anderen Seite der Satteltasche!“

„Das ist da nicht drin, hier schau!“, kniete sich Maren auf ihre Decke und schüttete den Inhalt ihrer Satteltaschen darauf aus.

„Ich dachte, dass ich es eingesteckt hätte. Dabei hab ich‘s vergessen!“

Maren überlegte kurz und sah dann mit einem lang gezogenen: „Rickyyy?“ zu ihrer Cousine hinüber.

„Ja, was?“, zog die ihre Stirn kraus über den erwartungsvollen Tonfall.

„Kommst du mit, es holen? Ist ja auch ganz ungefährlich! Joe sitzt doch oben und passt auf. Ich schäme mich so vor den Jungs“, bat Maren. „Wenn wir das schaffen, bevor Tom und Charly zurückkommen, müssen die das ja nicht unbedingt wissen. Das ist mir so peinlich!“

„Okay Cousinchen, ich komme mit“, stand Ricky auf und schnappte sich ihre Taschenlampe. „Aber lass uns schnell machen.“

 

 Joe richtete das Fernglas in Richtung Senke und sah eine Staubwolke, aus der ein blauer Pick-up herausfuhr. Zwei Männer stiegen freundlich gestikulierend aus. Larry und Cecil gingen auf sie zu. Die Vier schienen sich zu unterhalten.

Dann kam es plötzlich eine Art Handgemenge. Kurze Zeit später erkannte Joe, dass die Hände der beiden Ankömmlinge auf den Rücken gefesselt waren. Sie wurden auf die Ladefläche von Larrys Pick-up geschubst, der jetzt direkt auf den Höhlenpfad zufuhr.

Dort angekommen wurden die Männer, die Joe als die beiden Geophysiker wiedererkannte, heruntergezerrt. Larry hielt ein Gewehr in der Hand und zeigte damit auf den Weg zum Höhleneingang, den die beiden herunterstolperten. Joe konnte nicht verstehen, was gesprochen wurde, da der Wind heute von Norden wehte.

Er behielt die Mesa weiterhin im Blick, denn Frank und Kyle mussten auch bald auftauchen. Plötzlich sah er aus dem Augenwinkel Bewegung auf dem Höhlenpfad und konnte gerade noch beobachten, wie Ricky und Maren um die Ecke in Richtung Höhle verschwanden. Fast gleichzeitig kündigte eine Staubwolke am Horizont der Mesa ein weiteres Fahrzeug an.

„Frank und Kyle“, dachte Joe. „Die haben jetzt noch gefehlt!“

So schnell er konnte, spurtete er den Weg zur Höhle hinunter, um die Mädchen zu warnen, dass sich Larry und Cecil in der Höhle befanden.

„Was haben sich diese dummen Hühner bloß dabei gedacht?“, murmelte er wütend. „Wollen die alleine auf Schatzsuche gehen oder was?“

„Jetzt haben wir euch!“, hörte er vor der Höhle angekommen Cecils zornigen Ausruf. Beim Betreten der Eingangshöhle sah er Larry und Cecil, die versuchten, Maren und Ricky zu überwältigen. Cecil hatte Maren an beiden Handgelenken gepackt und bemühte sich, das sich heftig wehrende Mädchen zu bändigen. Sie beugte den Kopf vor und biss ihn, so kräftig sie konnte, in den Unterarm.

„Autsch, das Biest hat mich gebissen!“, jaulte Cecil auf und ließ Marens linkes Handgelenk los. Wie eine Wildkatze versuchte sie ihn mit der freien Hand im Gesicht zu kratzen und trat ihn kräftig vors Schienbein. Doch Cecil, der ihr natürlich kräftemäßig überlegen war, hatte ihre zweite Hand bereits wieder gepackt und versuchte sie jetzt, auf den Boden zu zwingen.

Ricky war aufgrund ihrer Selbstverteidigungs-Kenntnisse etwas zielgenauer. Larry hatte sie am Ende ihres französischen Zopfes erwischt. Ricky tauchte weg und drehte sich dabei um. Dann traf ihr Knie punktgenau die empfindlichsten Teile eines Mannes, sodass Larry wie am Spieß schreiend zu Boden ging.

Joe hatte im Laufen nicht nur bewundernd die Gegenwehr der Mädchen registriert, sondern auch, dass Larry und Cecil im Moment keine Waffe bei sich trugen. Er stürzte sich auf Cecil und umklammerte ihn von hinten, sodass dieser notgedrungen Maren loslassen musste, um sich gegen seinen Angreifer zur Wehr setzen zu können.

„Ricky, Maren lauft in die Echohöhle! Frank und Kyle kommen draußen! Versteckt euch! Denkt an Charlys Versteck!“, rief Joe den beiden zu.

„Macht schon!“, schrie er wütend, als er sah, dass die Mädchen mit Blick auf ihn zögerten und Larry langsam wieder hochkam. „Lauft endlich!“

„Lass die Mädchen, die kriegen wir sowieso! Erst mal müssen wir diesen Indianerbengel festnageln“, brüllte Larry, der sich jetzt mit immer noch schmerzverzerrtem Gesicht erhoben hatte und Cecil zu Hilfe eilte.